Maas & Brinker – eine Nachbetrachtung

Niemand erklärt uns.

Es klingen

Herz

Muskel

Schwund.

von Jessica Schröter

Wie bei einem echten Rockkonzert fängt heute Abend alles ein bisschen später an, der Bunker ist gut besetzt, die Getränke sind gezapft, alle warten gespannt, auch wir, die wir schon ein bisschen Soundcheck mithören durften. So richtig weiß eigentlich keiner, was da auf uns zukommt, irgendjemand wird was lesen während jemand anderes Musik dazu macht. Performance halt.

Nach einer gekonnten Anmoderation geht es also los, kein großes darüber reden, auch wenn es im Untertitel der Reihe Performing Pop heißt: diskutieren. Wer diskutiert schon gern über seine Kunst.

Also legen Marcel Maas und Philipp Brinker einfach los, die Anlage läuft, der Laptop ist an, ebenso das Mikro, das Manuskript auf dem Tisch. Zu Beginn Musik, ein Einspieler der die Protagonisten vorstellt und das Buch, um das es geht: Play Repeat.

Man weiß nicht so ganz, ob das jetzt Auszüge sind, wenn ja, wo sind die Grenzen. Markieren die Einspieler, während denen Marcel Maas stumm vor seinem Mikro sitzt oder die Gelegenheit nutzt, sich die Kehle mit einem Schluck Bier zu befeuchten, Brüche im Text, neue Kapitel? Oder „muss das so“? Eigentlich völlig egal, denn wenn man es schafft, sich vom Text zu lösen und dem Gesamtkunstwerk bzw. –zusammenspiel von Lesung und Musik hinzugeben, versteht man plötzlich, was gemeint ist, wenn Moderatorin Charis Goer  einleitend sagt: Dieser Text entwickelt seinen eigenen Rhythmus. Und obwohl die Zusammenhänge manchmal einfach nicht vorhanden zu sein scheinen, versteht man doch, was Herr Maas da von sich gibt. Die Gefühle, die er transportiert – Lust, Hoffnung, Isolation, Resignation, Liebe, Rausch. Alles da. Wie als würde man ein Buch in einer leidlich beherrschten Sprache lesen: Man muss nicht jedes Wort kennen, um den Inhalt zu verstehen. Die Musik begleitet Maas, trägt seine Stimme, übertönt sie manchmal fast. Auch wenn es an manchen Stellen noch ein bisschen ruckelt, funktioniert das Ganze irgendwie. Unser Tischnachbar lacht an diversen Stellen herzlich, über Wortspiele, Wortfindungen wie stroboskopiert, Schwäne küssen bis sie schwarz werden. Marcel Maas schreibt keine Texte, er schreibt Emotionen, Gedankenwelten. Und auch wenn er sonst nicht viel Lust auf Diskussionen an den Tag legt, ist er mit Sicherheit nicht auf den Mund gefallen.

Nach der Performance ist das Bier leer, also schnell neues holen und nebenbei den Nikotinhaushalt wieder auffüllen, dann geht es weiter. Diesmal Lyrik, ähnlich kryptisch, repetitiv, und dadurch eindrücklich, auch wenn man die Musik, die hier nicht mitspielt, etwas vermisst. Dann noch eine Einladung zum Tischtennisspielen mit 40 Mann und Feierabend. Man bleibt sprachlos nach den ganzen Worten.  Niemand erklärt uns. Muss man auch nicht, der Gefühlsabdruck bleibt.

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